
Eine deutsch-russsische Hochzeitsgesellschaft hat sich am Offenbacher Mathildenplatz versammelt: Etwa 80 Gäste posen und fotografieren vor einem historischen Bentley S2. Nicht ohne Grund gelten Classic Cars als der emotionalste Markt in der Automobilbranche. Laut Kraftfahrt-Bundesamt sind etwa 477.386 „echte“ Oldtimer, die 30 Lenze und mehr zählen, mit einem historischen H-Kennzeichen als rollendes Kulturgut auf bundesdeutschen Straßen unterwegs. Für diese Schätzchen gibt es spezielle TÜV-Verfahren, und Steuervergünstigungen, es ist aber auch manche Hürde bei Restaurierung, Werkstattsuche und Betrieb zu nehmen. Einige Experten zählen zu den Classic Cars zusätzlich die sogenannten „Youngtimer“, die immerhin 20 bis 30 Jahre auf den Achsen haben.
Was treibt nun die Besitzer, Fahrer und Liebhaber historischer Kfz um?
„Rund die Hälfte sieht den Oldtimer als Wertanlage und Spekulationsobjekt an. Die Übrigen haben einfach Spaß und Freude an den alten Autos. Diese Gruppe wiederum teilt sich auf in diejenigen, die gerne selbst ‚schrauben‘ und ggf. auch restaurieren, und diejenigen, die lieber ausschließlich fahren.“
Hoher suggerierter Gewinn ist oftmals eine Illusion
Die wirtschaftliche Bedeutung des Classic-Cars-Marktes in Deutschland unterstreicht auch eine Studie der Kölner Beratungsgesellschaft BBE Automotive GmbH im Auftrag u.a. des VDA, der zufolge ein Oldtimer-Liebhaber durchschnittlich 5.200 EUR pro Jahr und Fahrzeug für die Erhaltung des Wagens sowie für entsprechende Freizeitaktivitäten ausgibt. Krug von Nidda: „Diese Zahlen erstaunen mich ein bisschen, sprechen aber dafür, dass der hohe suggerierte Gewinn, den man mit Oldtimern angeblich erwirtschaften kann, so nicht stimmt.“ Für ein gewinnträchtiges Fahrzeug wie den Porsche 911 beispielsweise bedeutet das, dass der Halter in zehn Jahren 52.000 EUR investiert. Auf der anderen Seite stehen in den einschlägigen Ranking-Listen aber immer auch „Brot-und-Butter-Fahrzeuge“ wie der VW Käfer ganz oben, die wiederum im Unterhalt recht preisgünstig sind.

Mit viel Leidenschaft vom Hobby zum Brotberuf
Auch der im hessischen Schwickartshausen ansässige heutige Oldtimerverleih wurde 2006 mit viel Leidenschaft für alte Karossen von Michael Krug von Nidda und seiner Ehefrau Gudrun aus der Taufe gehoben. Schon zuvor hatte er im Rahmen eines „normalen“ Fiat- und Alfa Romeo-Autohauses nebenbei Oldtimer für Kunden restauriert. Infolge der flächendeckenden Kündigung durch den Hersteller gegenüber allen Vertragshändlern wurde das einstige Hobby für die Familie zum Brotberuf. „Wir sind erst einmal auf Einkaufstour in die USA gegangen, haben dort im ersten Jahr etwa dreißig Autos gekauft und angefangen, sie den deutschen Gegebenheiten anzupassen. Harte Restaurierungsobjekte kamen erst später hinzu“, erzählt der Geschäftsführer und Gründer der Classic Cars Krug von Nidda GmbH aus der Anfangszeit. Hieraus ist schließlich das Konzept der heutigen Oldtimervermietung entstanden, das später noch um Hochzeitsfahrten und spezielle Oldtimer-Events ergänzt wurde.

Nur wenige Werkstätten haben sich spezialisiert
Wer sich heute kommerziell oder als privater Liebhaber alter Autos auf dem Classic-Cars-Markt tummelt, hat jedoch in Deutschland mit so manchen Tücken zu kämpfen. Viel Kreativität und Eigeninitiative sind unerlässlich:
So haben sich beispielsweise nur wenige freie Werkstätten auf die Reparatur und die Restaurierung von Classic Cars spezialisiert. Einige wenige hochrangige Werkstätten haben sich im Umfeld der Nobelmarken Mercedes, Porsche oder BMW etabliert.
„Besitzer von Brot- und Butter-Autos dagegen müssen oftmals sehen, wo sie bleiben.“
In vielen Werkstätten werden kaum noch klassische Kfz-Mechaniker, sondern vorwiegend computeraffine Kfz-Mechatroniker ausgebildet. „Bei Oldtimern steht aber ein Mechatroniker, sofern er keine Zusatzausbildung absolviert hat, im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Schlauch“, sagt der überzeugte Classic-Cars-Fan.
Ersatzteile können für viele Marken i.d.R. innerhalb von 24 Stunden beschafft werden; allerdings lasse die Qualität oftmals arg zu wünschen übrig. Der Geschäftsführer und Gründer berichtet aus Erfahrung: „Manche Ersatzteile, überwiegend aus Fernost, müssen bereits nach drei Jahren wieder erneuert werden.“
Aber auch der Classic-Cars-Markt selbst ist im stetigen Wandel begriffen. So stellt der Liebhaber betagter Autos aus dem Hessischen durchaus Nachwuchsprobleme bei der „jüngeren Generation um die 40“ fest. Sein persönliches Fazit dagegen ist eindeutig: „Wenn man Spaß und Freude an alten Autos hat und es sich leisten kann, ist es wirklich toll. Wer Oldtimer nur als Geldanlage betrachtet, sollte heutzutage eher die Finger davon lassen. Auf gar keinen Fall zu empfehlen ist es, für ein historisches Fahrzeug einen Kredit aufzunehmen.“